Leuchtfeuer; Ulrike Mohr

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Fotodokumentation

Ort

Berlin-Kreuzberg, Kunstraum Kreuzberg / Bethanien, Mariannenplatz 2, 10997 Berlin

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Künstlerin, Künstler

Ulrike Mohr

Technische Angaben

Werktechnik, Material

18 Leuchtfeuer um beide Türme des Bethanien, elektronische Steuerung, Schalttafel im Ausstellungsraum

Maße

o.A.

Kurzbeschreibung

Die 18 Positionslichter der interaktiven Lichtinstallation um die beiden Ost- und Westtürme an der Fassade des Gebäudes können im Ausstellungsraum, mit direkter Verbindung nach draußen, durch die Besucher jeweils einzeln an- und ausgeschaltet werden. Durch die Kombination von AN oder AUS ergeben sich 2 hoch 18 = 262.144 mögliche Anordnungen des Positionierens. Die Positionslichter imitieren Leuchtfeuer, wie sie das Luftfahrtbundesamt zur Markierung von Hindernissen vorschreibt.

Zeitangabe

5. November – 11. Dezember 2005

Inhaltliche Beschreibung

„Für das Künstlerhaus Bethanien realisierte Ulrike Mohr nun eine neue Form der Standortbestimmung. An den zwei Türmen, die das Hauptportal des ehemaligen Krankenhauses flankieren, brachte sie je neun Hindernisfeuer an, wie sie vom Luftfahrtbundesamt zur Kennzeichnung von Luftfahrhindernissen vorgeschrieben werden. Jedes einzelne der achtzehn Leuchtfeuer ist mit einer Schalttafel im Ausstellungsraum verbunden, an welcher die Besucherinnen und Besucher die Lampen an- und ausschalten können. Außerhalb der Öffnungszeiten leuchten die Hindernisfeuer ohne Unterbrechung.

Die Standortbestimmung Ulrike Mohrs bezieht sich zum einen auf die Situation, welcher Künstlerinnen und Künstler (nicht anders als Kuratoren) im Kunstbetrieb immer wieder aus-gesetzt sind: Welche Position innerhalb dieses Betriebes nehme ich ein, an welcher Stelle im Ranking, sofern ich denn darin auftauche, stehe ich, wo sind Lücken in meinem Netzwerk, bin ich schon drinnen oder schon wieder draußen? Ob und wie man sich da positionieren könne oder zu positionieren habe, ist eine der häufigsten Fragen, wenn Künstlerinnen und Künstler überlegen, ob sie an dieser oder jener Gruppenausstellung teilnehmen sollen oder nicht. Mit Kunst als solcher hat das wenig zu tun, vielmehr mit dem Kunstbetrieb als sozialem System, in welchem mit genau derselben Härte um Positionen gekämpft wird wie in Wirtschaft oder Politik. Karrieren werden verbissen geplant oder clever eingefädelt. Aber niemand weiß, durch welche Koordinatenverschiebung man plötzlich ins Zentrum gezogen oder an die Ränder gedrängt wird und wer einem wann welche Lampe ausknipst. Während man ahnungslos herumsteht, gehen oben die Lichter aus – oder aber beginnen neu zu erstrahlen, und oft hat man keine Ahnung, warum.

Zum anderen ist Leuchtfeuer eine orts- und kontextspezifische Arbeit insofern, als sie sich auf das Künstlerhaus Bethanien und seine prekäre Situation bezieht. Das Künstlerhaus, bei Künstlern im Ausland für seine Stipendien berühmt und seit den 70er Jahren eine zentrale, international ausstrahlende kulturelle Institution Berlins, kam vor einigen Jahren ins Trudeln. Dem Bezirk Kreuzberg waren die Betriebs- und Instandhaltungskosten zu hoch. Investoren wurden gesucht. Zwar wurden die hochfliegenden Pläne (bislang) nicht realisiert, aber Turbulenzen schütteln das Künstlerhaus weiterhin kräftig durch. Leuchtfeuer von Ulrike Mohr kennzeichnet nun Gebäude und Institution als einen unverzichtbaren Markstein in der kulturellen Topographie der Stadt und als ein soziales Zentrum des Bezirks Kreuzberg. Zwar erhellen die Lampen nicht das Dunkel wie die sich drehenden Scheinwerfer der Leuchttürme, aber jenen, die sich im geistigen Tiefflug befinden, wird signalisiert, dass sie um dieses Hindernis einen Bogen machen sollten. Auch wenn der weiche Standortfaktor Kultur sich betriebswirtschaftlich nur schwer fassen lässt, ist doch unbestritten, dass diese Stadt der Kultur ihre Attraktivität und in nicht unerheblichem Maß das Faktum verdankt, dass sie noch nicht ganz bankrott ist. Wer in Berlin der Kultur den Saft abdreht, kann in der ganzen Stadt das Licht ausmachen.

Ulrike Mohr plant, das Künstlerhaus Bethanien dauerhaft in die Liste der Luftfahrhindernisse aufnehmen zu lassen, auch wenn die tatsächliche Höhe der Türme eine Kennzeichnung nicht erfordert. Der Effekt bestünde nicht nur in einer symbolischen Überhöhung des Künstlerhauses, sondern auch in einer Akzentuierung des widerständigen Charakters von Kultur als Hindernis, an welchem der Blindflug der Technokraten ein überraschendes Ende fände.“

Quelle: Leonhard Emmerling in „Leuchtfeuer“, Text zur Goldrauschausstellung 2005

Organisatorischer Rahmen, Eigentümer

Die Arbeit entstand im Rahmen der Ausstellung POLISHED – goldrausch 2005

Kooperationen

Entwicklung und Ausführung durch Martin Eder und Armin Kley, Berlin

Diskussion

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