Through the Looking Glass; Ute Lindner

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Fotodokumentation

Ort

Berlin-Charlottenburg, Eingangshäusschen auf der südlichen Grünfläche, Savignyplatz, 10623 Berlin

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Künstlerin, Künstler

Ute Lindner

Technische Angaben

Werktechnik, Material

Hinterglasmalerei und Siebdruck, keramische Schmelzfarben auf Glas, nachts hinterleuchtet

Maße

je Glasfläche (Vorder- und Rückseite des Gebäudes) ca. 240cm x 500cm

Kurzbeschreibung

Das gemauerte Gartenhaus ist zu beiden Seiten großflächig verglast. Die Glasflächen wurden komplett mit tiefblauer transparenter Farbe in mehreren Schichten im Siebdruckverfahren bedruckt. Auf einer zweiten Glasschicht wurden lebensgroße stehende und hockende Figuren aufgedruckt und mit Aibrusch und Pinsel ausgemalt und anschließend eingebrannt. Die beiden Glasschichten wurden dann zu einem Verbundsicherheitsglas miteinander verschweißt. Der ehemalige Durchgang wird so zu einem vitrinenartigen Glaskörper, in dessen Inneren die Figuren zu stehen scheinen. Nachts sind die Gläser von hinten beleuchtet ist, sodass die Figuren als dunkle Shilhouetten erscheinen.

Zeitangabe

Realisierung Sommer 2007

Inhaltliche Beschreibung

Das gemauerte Gartenhäusschen auf der Südseite des Savignyplatzes diente ursprünglich als Eingangs- und Durchgangshäusschen und als architektonisches Schmuckelement innerhalb der Gartenanlage. Heute wird es als Verteilerstation der städtischen Gaswerke (GASAG) genutzt und ist nicht mehr zugänglich. Die ehemalige Torsituation aufgreifend hat Ute Lindner den Durchgang zu einem fotografischen Illusionsraum gestaltet:

„In diesem Fall sehen wir eine Gruppe von jungen Menschen und Kindern, die durch das Haus hindurchzugehen scheinen, einmal von vorne und auf der anderen Seite von hinten. Die Figurenformation ist beide Male ähnlich, aber nicht identisch. Die Gestalten schreiten auch nicht wirklich, sondern halten inne, verharren in einer Pose, den Blick ins Weite gerichtet. Sie schauen uns zumeist nicht an, ihr Blick hält nichts fest. Ein wenig sehen sie aus, als stünden sie auf einer Bühne. Aber auch miteinander haben sie nichts zu tun. Sie sind gruppiert und doch singulär. Das mag auch daran liegen, dass das Bild aus einzeln fotografierten Personen (meist aus dem Berliner Künstler-Freundeskreis von Ute Lindner) zusammengesetzt wurde. Sie sind nach dem Leben gestellt, Zitate von Menschen, die so durch das Haus hätten gehen können, sozusagen stellvertretend für uns alle und für die Personen, die in der Vergangenheit durch dieses Haus gegangen sind, wie zum Beispiel auch die Kinder, die zu ihrem Spielplatz laufen wollten. Bei Tag haben die Figuren Farben, nachts sieht man sie als Silhouetten oder im Licht der vorbeifahrenden Autos lebendig werden. Der Hintergrund ist keine Parklandschaft, sondern in einem Blauton gewählt, der an den Himmel denken lässt, aber auch das Imaginäre beschwört und die Personen noch einmal der Wirklichkeit entrückt. Um eine solche Wirkung zu erzielen, hat die Künstlerin bei anderen Arbeiten die Fotografien gelegentlich auch mit einer Wachsschicht überzogen. Eine ebenso künstlerische wie künstliche Komponente zeichnet auch diese Arbeit aus. „Through the looking Glass“, so der Titel der Arbeit nach einem Roman von Lewis Carrol, der auf Deutsch „Hinter den Spiegeln“ heißt, und nicht etwa „looking through the Glass“ spielt auch auf den Bezug dieser Arbeit zum Betrachter an. Das Glas sieht uns an, es spiegelt uns wider, schafft eine Kommunikationsebene, aber auch eine Distanz. Dem von der Straße kommenden Betrachter zeigen die Figuren den Rücken, so dass er meinen könnte, er folge ihnen durch das Gartenhaus hinein in den Park. Den Kunsthistoriker erinnert dies an Bilder der deutschen Romantik. In den Gemälden der Romantiker ist die Rückenfigur oft Identifikationselement für den Betrachter, der durch sie in eine mystische Ferne zu schauen verführt wird, man denke da zum Beispiel an Caspar David Friedrich, das berühmteste Beispiel ist unser Berliner ‚Mönch am Meer’.

Im Zusammenhang von Kunst-am-Bau-Arbeiten ist diese Gestaltung durchaus ungewöhnlich. Ein weiter Weg vom traditionellen Glasfenster über die Gestaltug von Glaswänden mag hier nachvollzogen werden. Am sympatischsten wäre es mir – man verzeihe mir das etwas weit hergeholte Beispiel – den Vergleich mit mittelalterlichen Kirchenfenstern zu wagen: das scheinbar zeitgenössische Leben, das dort oft in den heiligen Legenden dargestellt wird, vor überzeitlich, magisch leuchtendem Hintergrund, sollte zur Identifikation der Lebenden mit etwas Geistigem, in diesem Falle Heiligen führen. Die mit Hilfe unserer heutigen Medien hergestellte profane Glaswand lässt dem Betrachter andere Möglichkeiten der Reflektion, die ebenfalls über das vordergründig Sichtbare hinausgehen können. Gleichzeitig wird die Arbeit sich im Alltag bewähren und in der täglichen Konfrontation mit den Passanten funktionieren. Die Kunst auf die Ebene des Betrachters zurückzuholen, für jedermann verfügbar zu machen, ist ja heute durchaus nicht der Normalfall. Aber gerade in dieser Ambivalenz des Ästhetischen und des Alltäglichen, des Geistigen und des Profanen wird eine neue Qualität derzeitiger Kunst deutlich.“

Quelle: Dr. Ursula Prinz, aus der Eröffungsrede am 22.06.2007


Organisatorischer Rahmen, Eigentümer

Geladener Wettbewerb „Eingangshäusschen am Svignyplatz“ der GASAG Berliner Gaswerke Aktiengesellschaft, im Besitz der NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbH & Co. KG

Kooperationen

Herstellung durch die Mayer'sche Hofkunstanstalt München

Diskussion

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Diskussion:Through the Looking Glass; Ute Lindner